Unterstützung/ Integration von Familien und sozialen Netzwerken

Offener Dialog (Finnland)

(Open Dialogue)

Beschreibung

Behandlung von Nutzer*innen in ihrem häuslichen Umfeld und unter Einbezug von ihrem sozialen Netzwerk (Netzwerkgespräche) als Alternative zur Krankenhausbehandlung. Die sogenannten Netzwerktreffen finden bei akuten Krisen innerhalb von 24 Stunden statt. Das Behandlungsteam ist interdisziplinär und über den gesamten Behandlungsprozess für den betroffenen Menschen zuständig. Im Vordergrund der Therapie steht die psychosoziale Unterstützung. Neuroleptika werden, wenn möglich, verzögert und nur selektiv eingesetzt.

Wirkweise

Krisen werden als Teil menschlichen Erlebens, mit sehr unterschiedlichen persönlichen Bedeutungen, begriffen. Im Dialog zwischen Behandelnden, Nutzer*innen und Netzwerk werden Erfahrungen, Deutungen und Ideen offen ausgetauscht. Dies ermöglicht gegenseitiges Vertrauen, eine die gemeinsame Entscheidungsfindung (shared decision making) und ist bereits Teil des Genesungsprozesses.

Adressat*innen

Gesetzgebende – können durch Gesetze, die Abrechnung von Behandlungen im häuslichen Umfeld, sowie Einbeziehung des sozialen Netzwerks ermöglichen

Eine bereits zugelassene Form der zu Hause Behandlung in Deutschland ist die Stationsäquivalente Behandlung.

Kliniken – Mitarbeitende die geschult sind einstellen

Mitarbeitende – Konzepte des Open Dialogue erlernen

Evidenznachweise

  • Reduzierung von Krankenhausaufenthalten und deren Dauer, sowie von psychiatrischen Notfallbehandlungen
  • Verbesserung von Symptomen (Abnahme psychotischer Symptome)
  • Reduzierung von Neuroleptika-Gebrauch
  • Rückkehr in Arbeitstätigkeit, bzw. Fortsetzung Ausbildung/ Studium
  • hohe Zufriedenheit der Klient*innen und der Behandelnden

Quellen

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

http://www.mindfreedom.org/kb/mental-health-alternatives/finland-open-dialogue


An introduction to peer-supported open dialogue in mental healthcare, Russell Razzaque & Tom Stockmann, UK: http://developingopendialogue.com/wp-content/uploads/2016/12/An-Introduction-
to-Peer-supported-open-dialogue-in-mental-healthcare.-Razzaque-Stockmann.pdf

Open Dialogue Ergebnisse nach 19 Jahren:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0165178117323338?fbclid=IwAR3KjQpT-
cqmShUndpFoUNykk_syoXWHsn0Q5xWHmgldZ0iTS_5bFJU9qMU

Tuori et al. (1998): The Finnish National Schizophrenia Project 1981–1987: 10‐year evaluation of its results. Acta Psychiatrica Scandinavica, 97(1), 10-17.

Lehtinen et al. (2000): Two-year outcome in first-episode psychosis treated according to an integrated model. Is immediate neuroleptisation always needed?. European Psychiatry, 15(5), 312-320.

Aaltonen, Seikkula, and Lehtinen (2011): The comprehensive open-dialogue approach in Western Lapland: I. The incidence of non-affective psychosis and prodromal states. Psychosis, 3(3), 179-191

Seikkula, Alakare, and Aaltonen (2011): The comprehensive open-dialogue approach in Western Lapland: II. Long-term stability of acute psychosis outcomes in advanced community care. Psychosis, 3(3), 192-204.

Bergström et al. (2018): The family-oriented open dialogue approach in the treatment of first-episode psychosis: Nineteen–year outcomes. Psychiatry research, 270, 168-175.

Seikkula, J.; Aaltonen, J.; Alakare, B.; Haarakangas, K. (2006): Five-years experiences of first-episode nonaffective psychosis in open-dialogue approach: Treatment principles, follow up outcomes, and two case studies. Psychotherapy and Research 16(2), 214 – 228

Dokumentarfilm über den Offenen Dialog von D. Mackler


Informationen:

Offener Dialog in Deutschland

Familiengruppen-Konferenz

(Family Group Conferencing)

Beschreibung

Die Familie und das soziale Netzwerk, stehen nicht nur im Mittelpunkt der Entscheidungsfindung und bestimmen die Themen der Behandlung, sondern sind auch wichtigster Teil in der Lösungsfindung. Das Konzept wurde ursprünglich von Maori in Neuseeland entwickelt und umfasst drei Schritte:
Eine Vorbereitungsphase, in der alle Interessierten, die sich für das Wohlergehen der*s Nutzer*in interessieren, Vorschläge zur Problemlösung bei demjenigen, der die Konferenz einberuft (convener), einreichen können. Anschließend findet die eigentliche Familienkonferenz statt, in der die Vorschläge vorgestellt werden und professionell Tätige Hilfestellungen geben können. Anschließend entscheidet die Familie in Abwesenheit der professionell Tätigen und des „convener“, wie sie verfahren möchte. Zuletzt wird diese Übereinkunft schriftlich vom „convener“ festgehalten und alle Parteien unterschreiben den erstellten Plan. Es gibt Nachsorgetermine, in denen der „convener“ sich nach dem Stand der Umsetzung erkundigt und ggf. können weitere Konferenzen einberufen werden.

Wirkweise

Die Familie und das soziale Netzwerk finden oft eine bessere Lösung, die eher im Einklang mit eigener (familienspezifischen) Kultur, Lebensstil und Geschichte steht als die Lösungen professionell Tätiger. Die Beziehung zwischen Nutzer*innen, familiärem Netzwerk und professionell Tätigen wird gestärkt und Zwangsmaßnahmen werden vermieden.

Adressat*innen

Kliniken – in Deutschland bislang lediglich Modellprojekte, z.B. Familienvisiten, in denen Angehörige an der Visite teilnehmen

Nutzer*innen – können Einbeziehung der Familienmitglieder in die Visite einfordern

Evidenznachweise

FCG ist in Dänemark als „Good Practice” anerkannt, die Zwang verhindert sowie soziale Unterstützung und Integration fördert.

Stärkung von Zugehörigkeitsgefühl und Wiedererlangung der Deutungshoheit über die eigenen Erfahrungen Isolierung kann vermieden werden durch Einbeziehung von Familienmitgliedern in der Akutbehandlung

Quellen

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Erdmann, Fähndrich, Munk (20109 Entweichung eines Patienten aus einer Klinik mit offenen Türen. Wie beurteilen Gerichte die Frage der Verantwortlichkeit? Psychiatr Prax; 37(2): 89-91

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