(Statistische) Dokumentation & behördliche Aufsicht

Vorschläge Aktion Artikel 16

Einsicht der Zwangsmaßnahmen-Dokumentation durch betroffene Nutzer*innen jederzeit

Nationale Aufsicht durch Behörden

(National oversight)

Beschreibung

(Statistische) Überwachung und Analyse von Ereignissen von Zwang auf nationalstaatlicher Ebene durch staatliche Behörden.

Gemäß Artikel 31 UN-BRK ist Deutschland verpflichtet, geeignete Informationen, einschließlich statistischer Angaben und Forschungsdaten, zu sammeln, um auf deren Grundlage, politische Konzepte zur Umsetzung der Konvention auszuarbeiten und umzusetzen.

Beispiel Baden-Württemberg: Seit 2016 müssen Einrichtungen alle Unterbringungen, Zwangsbehandlungen, Fixierungen und Isolierungen an eine Ombudsstelle (zentrales Melderegister) melden, die dann dem Landtag einmal in der Legislaturperiode zusammenfassend berichtet (§ 10 PsychKhg Bw).

Beispiel USA: Eine Bundesbehörde (State Mental Health Authority) kontrolliert psychiatrische Einrichtungen hinsichtlich der Anwendung von Zwang und führt Lizensierungen durch. Zudem werden Prozesse zur Prävention von Zwang unterstützt.

Wirkweise

Durch kontinuierliche Erfassung Zwangsmaßnahmen, können Muster und Ursachen für Auslöser dieser Ereignisse erfasst werden. Mithilfe der daraus gewonnen Informationen, können Auslöser in Zukunft vermieden werden. Die Beteiligung einer nationalstaatlichen Behörde, zeigt die Wichtigkeit dieser Erfassung an und sorgt für bestmögliche und umfassende Daten.

In den USA sank, durch die Aufsicht und Unterstützung durch die Bundesbehörde (National Mental Health Authority), die Anwendung von Zwang in 70 Einrichtungen.

Adressaten

Politik auf Bundes- und Landesebene

staatliche Institute des Gesundheitssystems

Quelle

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Deutsches Institut für Menschenrechte 2018

Gaskin, C.J. et al. (2007). Interventions for reducing the use of seclusion in psychiatric facilities. Review of the literature. British Journal of Psychiatry

Besuchskommissionen und Beschwerdestellen stärken

Beschreibung

Staatliche Kontrollgremien, die die Einhaltung gesetzlicher (Mindest-) Standards in den allgemeinpsychiatrischen Einrichtungen durch Besuche überprüfen. Die Kommissionen sind nicht befugt, selbst gegen festgestellte Rechtsverstöße vorzugehen. Die Besuchskommissionen sind, durch die jeweiligen PsychKGs in den Ländern, sehr unterschiedlich ausgestaltet und geregelt .

Wirkweise

Besuchskommissionen und Beschwerdestellen sollen dazu dienen, durch Berichte an das jeweilige Ministerium oder Parlament, Transparenz zu erzeugen und Probleme in den Einrichtungen anzuzeigen.

Adressaten

Politik (Legislative) – gesetzliche Rahmen für verpflichtende externe Kontrollgremien

Quellen

Deutsches Institut für Menschenrechte 2018

UN-Behindertenrechtskonvention

Nutzen statistischer Daten zur Verbesserung der Praxis

(Using data to inform practice – Teil der Sechs Kern-Strategien zur Reduzierung der Anwendung von Isolierung und Zwangsmaßnahmen)

Beschreibung

Die Nutzung von Daten, in einer nicht sanktionierenden/ verurteilenden Weise. Dabei ist eine klare Einigung auf  eine Definition und Art der Messung wichtig.

Kontinuierliche Daten bezüglich der Menge und des Ausmaßes von Zwang, bspw. einer Station, sowie Daten in Bezug auf die beteiligten Mitarbeitenden, sollten erhoben werden. 

Zudem wird eine Aufstellung von Zielen zur Verhinderung der Anwendung von Zwang empfohlen. Aus diesen Daten werden nach und nach Instrumente der Qualitätssicherung, wie “Benchmarking”, zum Vergleich verschiedener Einrichtungen (z.B. Vergleich der Anwendung von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen in verschiedenen Kliniken) entwickelt.

Wirkweise

Durch kontinuierliche Erfassung aller Zwangsereignisse, können Muster und Ursachen für Auslöser von Zwangsmaßnahmen systematisch erfasst und Häufigkeiten in der Anwendung von Zwang national und international verglichen werden. Mithilfe der daraus gewonnen Informationen, können Ursachen für die Zwangsanwendungen dokumentiert, untersucht und vermieden werden. Außerdem können Mitarbeitende gezielt geschult werden.

Adressaten

Personal, insbes. Mitarbeitende der jeweiligen Station

Einrichtungen und deren Leitung

Evidenznachweise

Sechs empirische Studien, sowie eine sog. „Grey-literature“-Studie, berichten über signifikante Reduzierung von Zwang. Die „Six Core Strategies“ fanden Anwendung im Krankenhauskontext (Erwachsenenpsychiatrie, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, und in der Forensischen Psychiatrie). Die systematische Erfassung von Zwangsmaßnahmen wird auch in Artikel 31 der UN-Behinderten-rechtskonvention  gefordert.

Quellen

Six Core Strategies

National Association of State Mental Health Program Directors (NASMHPD) 2006

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Gaskin, C.J. et al. (2007). Interventions for reducing the use of seclusion in psychiatric facilities. Review of the literature. British Journal of Psychiatry

UN General Assembly 2007

Steinert and Hirsch 2019

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