Personal

Vorschläge Artikel 16

  • Mitarbeiter-Rotation (alle 5 Jahre)
  • Innovative Arbeitszeitmodelle für Akutstationen
  • Ampelmodelle zur Vermeidung von Stationsüberbelegung 
  • Mitarbeiter*innen-Schulungen unter Beteiligung von Erfahrungs-Expert*innen und der Leitungen
  • Bezugspflege / Bezugspersonensystem

Verhältnis zwischen der Anzahl an Personal und Nutzer*innen (Personalschlüssel), sowie Eigenschaften des Personals

Beschreibung

Das Verhältnis zwischen der Anzahl an Mitarbeitenden und Nutzer*innen (Personalschlüssel) hat substanziellen Einfluss auf die Anwendung von Zwang und sollte möglichst klein sein (möglichst wenig Nutzer*innen pro mitarbeitender Person). Ein Verhältnis von Mitarbeitenden zu Nutzer*innen von weniger als 1:3, im Gegensatz zu 1:3 oder höher während einer Schicht, ist mit einer deutlichen Reduktion in der Anwendung von körperlicher Fixierung assoziiert. Zudem haben bestimmte Eigenschaften der Mitarbeitenden, laut einer großen norwegisch-dänischen Studie, Einfluss auf die Anwendung von Zwang: Mehr weibliche Mitarbeiterinnen und eine möglichst hohe Variabilität an Arbeitserfahrung innerhalb eines Teams, wirken sich positiv auf die Vermeidung von Zwang aus.

Wirkweise

Mitarbeitende sind besser in der Lage mit Nutzer*innen zu interagieren und zu kooperieren. Stress am Arbeitsplatz wird reduziert und Skills bezüglich der Unterstützung, sowie der Kommunikation werden erlernt. Dadurch wird eine Umgebung, die an Genesung orientiert ist ermöglicht.
Wie genau die Charakteristika der Mitarbeitenden die Anwendung von Zwang beeinflussen, ist bislang unklar.

Adressat*innen

Kliniken, insbes. Führungskräfte (Verantwortliche für Erstellung des Personalschlüssels)

Evidenznachweise (wenn vorhanden)

Günstigerer Personalschlüssel ist signifikanter Faktor, weshalb norwegische Krankenhäuser 50% geringere Anwendungsraten von körperlicher Fixierung aufweisen

Insgesamt sind Zwangsmaßnahmen in Ländern mit hoher Personaldichte (Norwegen, Großbritannien) seltener

Teils widersprüchliche Daten (u.a. auch höhere Rate an Zwangsmaßnahmen mit höherer Personaldichte in manchen Studien)

Quellen

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Steinert and Hirsch (2019) Verhinderung von Zwang: Prävention und
Therapie aggressiven Verhaltens bei Erwachsenen
, DGPPN

Gaskin, C.J. et al. (2007) Interventions for reducing the use of seclusion in psychiatric facilities. Review of the literature. British Journals of Psychiatry

Nachbesprechung

(Debriefing – Teil der Sechs Kern-Strategien zur Reduzierung der Anwendung von Isolierung und Zwangsmaßnahmen)

Beschreibung

Detaillierte Nachbesprechungen von Situationen, in denen Zwang stattfand, inkl. der Erörterung der Bedeutung dieser für die betroffenen Menschen.
Zwei Nachbesprechungen werden empfohlen: Die erste Nachbesprechung sollte unmittelbar nach der Zwangsmaßnahme durchgeführt werden, eine weitere zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Behandlungsteam. Es gibt verschiedene Protokolle für Nachbesprechungen, z.B.:

  • Critical Incident Stress Debriefing (CISD): Prozess mit 7 Phasen, der nicht als unmittelbare Nachbesprechung nach der Zwangsmaßnahme, sondern in Ruhe ca. 24-72 Std. später stattfindet und sich an die Mitarbeitenden richtet.

Wirkweise

Durch die Analyse vergangener Situationen, in denen Zwang angewendet wurde, können Erkenntnisse zur Verhinderung dieser, auch für die Zukunft gewonnen werden. Zudem können Nachbesprechungen mögliche aus Zwang resultierende Traumata, für den betroffenen Menschen und die Behandelnden, verringern oder verhindern.

Adressat*innen

Nutzer*innen

Mitarbeitende

Evidenznachweise

Sechs empirische Studien, sowie eine sog. „Grey-literature“-Studie, berichten über signifikante Reduzierung von Zwang. Die „Six Core Strategies“ fanden Anwendung im Krankenhauskontext (Erwachsenenpsychiatrie, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, und in der Forensischen Psychiatrie).

Quellen

Six Core Strategies (National Association of State Mental Health Program Directors (NASMHPD) 2006)

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Online-Manual zur Durchführung von CISD

Einstellung von geschulten Mitarbeitenden

Beschreibung

Eine Verhinderung von Zwang wird durch die Einstellung neuer Mitarbeitender, die in der Vermeidung von Zwang bereits erfahren sind, erzeugt. Und/ oder die Einrichtung etabliert ein interdisziplinäres Komitee (aus Erfahrungsexpert*innen, Pflegemitarbeitenden, Ärzt*innen, Sozialarbeiter*innen, etc.), das die Bestrebungen zur Reduzierung von Zwangsmaßnahmen evaluiert und unterstützt.

Wirkweise

Durch die Einstellung neuer Mitarbeitender, mit spezifischen Erfahrungen in der Verhinderung von Zwangsmaßnahmen, können alte Strukturen aufgebrochen und bessere Alternativen zur Verhinderung von Zwang gefunden werden.

Adressat*innen

Führungspersonal – Einstellen von neuer Mitarbeitender unter Wahrung der Interdisziplinarität

Evidenznachweise

  • Reduzierung der Anwendung von Zwang
  • Verstärkte Unterstützung der Mitarbeitenden hinsichtlich der Maßnahmen zur Verhinderung von Zwang

Quellen

Gaskin, C.J. et al. (2007). Interventions for reducing the use of seclusion in psychiatric facilities. Review of the literature. British Journal of Psychiatry

Online-Kurse zur Verhinderung von Zwang

(eLearning course on nurses’ professional competence in seclusion and restraint practices)

Beschreibung

In Form eines Online-Kurses (bspw. ePsychNurse.net), erhalten Pflegemitarbeitende von psychiatrischen Einrichtungen Fortbildungen zur Verhinderung von Zwang in 6 Modulen:
1. Rechtliche Grundlagen

2. Ethische Grundlagen

3. Verhaltensbezogene interne und externe Faktoren

4. Therapeutische Beziehung und Selbstachtsamkeit

5. Teamwork

6. Umsetzung von Wissen in die Praxis

Wirkweise

Das Wissen über rechtliche, ethische und psychosoziale Grundlagen, bzw. Probleme im Zusammenhang mit der Anwendung von Zwang, ist Grundlage für die Verhinderung von Zwang. Zudem führt das Erlernen von Methoden zur Umsetzung des Wissens dazu, dieses tatsächlich anzuwenden.

Adressat*innen

Mitarbeitende

Führungspersonen (müssen diese Kurse anbieten bzw. die Teilnahme daran fordern)

Evidenznachweise

  • Reduzierung der Anwendung von Zwang
  • Verstärkte Unterstützung des Personals hinsichtlich Maßnahmen zur Vermeidung von Zwang

Quellen

Kontio, R. et al. (2011). Impact of eLearning course on nurses’ professional competence in seclusion and restraint practices: a randomized controlled study, Journal of Psychiatric and Mental Health Nursing

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