Interaktion

Vorschläge der Aktion Artikel 16

  • Qualitätssteigerung der Empfangskultur (First five minutes)
  • 1:1 (2:1)-Betreuung zur Vermeidung von Zwang
  • Haltetechniken / Festhalten statt Fixierung
  • Tiergestützte Therapieformen
  • Gemeinsame Morgenrunden und Mahlzeiten – im Sinne der gemeinsamen Tagesgestaltung

Fokussierung auf Stärken und Entwicklung von Skills

(Strengths based and skill building – Teil des Traumainformierten Ansatzes (Trauma informed practice, TIP))

Beschreibung

Nutzer*innen werden dabei unterstützt, bestehende Stärken zu identifizieren und ihre Resilienz (Widerstandsfähigkeit) und Bewältigungsmechanismen (Coping-Strategien) (weiter-) zu entwickeln. Skills umfassen Techniken zur Erfassung von Triggern, zur Beruhigung, zur „Zentrierung“, sowie zum Anwesendbleiben. Es ist essenziell, dass auch die Mitarbeitenden diese Skills und Werte erlernen.

Adressat*innen

Mitarbeitende inkl. Führungspersonal

Nutzer*innen

Evidenznachweise

Centre for Addiciton and Mental Health in Toronto, Canada:
Reduzierung der Anwendung von mechanischer Fixierung (von 4.2% auf 2.2% innerhalb eines Jahres)

Reduzierung der Anwendung von Isolationsmaßnahmen (von 5,3% auf 3,4% innerhalb eines Jahres )

Reduzierung der Anwendung von Zwangsmedikation (von 4,8% auf 3,0% innerhalb eines Jahres)

Quellennachweise
Arthur et al. (2013) Trauma-informed Practice Guide

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Möglichkeiten der Wahl, Zusammenarbeit und Verbindung

(Opportunity for choice, collaboration, and connection – Teil des Traumainformierten Ansatzes (Trauma informed practice, TIP))

Beschreibung

Eine sichere Umgebung kann ein Wissen um Wirksamkeit, Selbstbestimmung, Würde und persönlicher Kontrolle ermöglichen. Das Personal kommuniziert offen und Machtdifferenzen (zwischen Mitarbeitenden und Nutzer*innen) werden ausgeglichen. Gefühle und Bedarfe können ohne Angst vor Verurteilung geäußert werden. Es stehen unterschiedliche Unterstützungsoptionen zur Auswahl. Außerdem bleiben die Beziehungen zum sozialen Netzwerk erhalten.

Wirkweise

Die Erfahrung von selbstbestimmter Wahl, Zusammenarbeit und Verbindung ist heilsam für Menschen, die Trauma erlebt haben/ erleben.

Adressaten

Mitarbeitende inkl. Führungspersonal

Nutzer*innen

Evidenznachweise

Centre for Addiciton and Mental Health in Toronto, Canada:
Reduzierung der Anwendung von mechanischer Fixierung (von 4.2% auf 2.2% innerhalb eines Jahres)

Reduzierung der Anwendung von Isolationsmaßnahmen (von 5,3% auf 3,4% innerhalb eines Jahres )

Reduzierung der Anwendung von Zwangsmedikation (von 4,8% auf 3,0% innerhalb eines Jahres)

Quellen

Arthur et al. 2013 Trauma-informed Practice Guide

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Betonung auf Sicherheit und Vertrauen

(Emphasis on Safety and Trustworthiness – Teil des Traumainformierten Ansatzes (Trauma informed practice (TIP))

Beschreibung

Feste Willkommensrituale, die Vermittlung verständlicher Informationen bezüglich der Angebote und deren Abläufe, zusätzlich zu einem sicheren Umfeld, machen die Aufnahme auf eine Station weniger bedrohlich. Auch gemeinsam erstellte Krisenpläne und regelmäßige Gespräche helfen dabei, ebenso wie die systematische Berücksichtigungen der Bedürfnisse der Mitarbeitenden. Die Mitarbeitenden erhalten Fortbildungen, Supervisionen und Unterstützung, um zu lernen sich auch um sich selbst zu kümmern.

Wirkweise

Physische, emotionale und kulturelle Sicherheit ist für Nutzer*innen essenziell.

Adressat*innen

Mitarbeitende inkl. Führungspersonal

Nutzer*innen

Evidenznachweise

Centre for Addiciton and Mental Health in Toronto, Canada:
Reduzierung der Anwendung von mechanischer Fixierung (von 4.2% auf 2.2% innerhalb eines Jahres)

Reduzierung der Anwendung von Isolationsmaßnahmen (von 5,3% auf 3,4% innerhalb eines Jahres )

Reduzierung der Anwendung von Zwangsmedikation (von 4,8% auf 3,0% innerhalb eines Jahres)

Quellen

Arthur et al. 2013 Trauma-informed Practice Guide

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Trauma-Achtsamkeit

(Trauma Awareness – Teil des Traumainformierten Ansatzes (Trauma informed practice (TIP))

Beschreibung

Mitarbeitende und Nutzer*innen sind sich der Häufigkeit von Traumata und deren Folgen für das Leben der betroffenen Menschen, sowie der verschiedenen Möglichkeiten ihrer Bewältigung, bewusst. Zentral ist die Vermeidung von Retraumatisierung und Recovery von den Traumatisierungen.

Adressat*innen

Mitarbeitende inkl. Führungspersonal

Evidenznachweise

Centre for Addiciton and Mental Health in Toronto, Canada:
Reduzierung der Anwendung von mechanischer Fixierung (von 4.2% auf 2.2% innerhalb eines Jahres)

Reduzierung der Anwendung von Isolationsmaßnahmen (von 5,3% auf 3,4% innerhalb eines Jahres )

Reduzierung der Anwendung von Zwangsmedikation (von 4,8% auf 3,0% innerhalb eines Jahres)

Quelle

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Deeskalationstechniken

(de-escalation techniques)

Beschreibung

Techniken zur Deeskalation von Konfliktsituationen im Krankenhaus oder in Pflegeeinrichtungen, die eingesetzt werden, um die Anwendungshäufigkeit von Zwang zu reduzieren. Das Personal erhält hierzu spezielle Schulungen, wobei es unterschiedliche Techniken gibt.

Ein Beispiel:
Festhalten statt Fixieren/ 4-Stufen-Immobilisationskonzept (4SIK): beinhaltet neben speziellen Haltetechniken eine durchgehende und klare Kommunikation. Ziel hierbei ist es, eine gemeinsame Lösung zu finden, die therapeutische Beziehung möglichst aufrecht zu erhalten und eine weitere freiheitsentziehende Maßnahme zu verhindern.

Wirkweise

Das Erlernen und Anwenden von alternativen Strategien, statt der Anwendung von Zwang, ermöglicht flexiblere und adäquate Reaktionen der Mitarbeitenden auf Konflikte und somit eine Abkehr von Zwang.

Adressat*innen

Führungspersonal und Mitarbeitende der Station

Evidenznachweise

Es gibt positive Reaktionen der Mitarbeitenden auf das Erlernen und Anwenden der Deeskalationstechniken. Deeskalationstechniken sind damit ein wichtiger Faktor in der Reduzierung von Isolierungsmaßnahmen in einer geschlossenen Station. Das Erlernen und die Anwendung von Deeskalationstechniken wurden als dringend notwendig von Mitarbeitenden angesehen, um Zwang zu reduzieren.

4SIK führte zu Reduzierung von Fixierungen in Deutschland und wurde positiv von Mitarbeitenden und Nutzer*innen evaluiert

Quellen

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Staude, A. (2016) “Fremdsein überwinden”. Kompetenzen der psychiatrischen Pflege in Praxis –Management – Ausbildung – Forschung. Herausgeber: Michael Schulz et al. Verlag Forschung & Entwicklung / Dienstleistung Pflege, Fachbereich Gesundheit, Berner Fachhochschule

Nutzung von festgelegten Instrumenten zur Reduzierung von Zwang und Isolierungsmaßnahmen

(Use of seclusion and restraint reduction tools – Teil der Sechs Kern-Strategien zur Reduzierung der Anwendung von Isolierung und Zwangsmaßnahmen)

Beschreibung

Werkzeuge zur Einschätzung des individuellen Risikos für die Anwendung von Gewalt und bereits erlebter Zwangsmaßnahmen. Erlebte Traumata werden erfasst, nicht-diskriminierende Sprache wird verwendet, sinnvolle ergo-/ beschäftigungstherapeutische Interventionen werden angeboten, sowie Änderungen der Umgebung zur Steigerung des Wohlbefindens durchgeführt. Es werden Aktivitäten angeboten, die Nutzer*innen Skills zur Selbstregulation von Emotionen vermitteln und Deeskalations-Pläne erstellt.

Wirkweise

Nutzung von individuellen Einschätzungen und Ressourcen zur Aggressions- und Gewaltprävention. Hierbei hilfreich sind auch erlernte Skills zur Emotionsregulation.

Adressat*innen

Mitarbeitende der jeweiligen Station

Einrichtungen und deren Leitung

Evidenznachweise

Sechs empirische Studien sowie eine sog. „Grey-literature“-Studie berichten über eine signifikante Reduzierung von Zwang. Die „Six Core Strategies“ fanden Anwendung im Krankenhauskontext (Erwachsenenpsychiatrie, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, und in der Forensischen Psychiatrie).

Quellen

Six Core Strategies (National Association of State Mental Health Program Directors (NASMHPD) 2006)

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Unterstützte Entscheidungsfindung

(supported decision-making)

Beschreibung

Unterstützte Entscheidungsfindung ermöglicht das selbstbestimmte Entscheiden auch in akuten Krisenzeiten und mit Unterstützung. Grundlegend thematisiert wird sie u.a. in den Allgemeinen Bemerkungen Nr. 1 des UN-Fachausschuss (29.).

Beispiele der unterstützten Entscheidungsfindung:

1) Das argentinische Nationale Psychische Gesundheitsgesetz (National Mental Health Law) von 2010, das den nötigen rechtlichen Rahmen zur Umsetzung von unterstützter Entscheidungsfindung schafft.

2) Das schwedische Persönliche Umbudsperson (personligt ombud) Programm

Wirkweise

Im Zentrum der unterstützten Entscheidungsfindung steht der Willen und die Präferenzen der betroffenen Person. Der Schutz der Autonomie betroffener Menschen und das Recht auf körperliche Unversehrtheit sind dabei die u.a. entscheidenen Maßstäbe eine menschenrechtskonformen psychosozialen Unterstützung. Obwohl dieser Ansatz sehr wichtig im Bezug auf die Wahrung von Menschenrechten ist, gibt es bislang nur ungenügende Forschung.

Adressat*innen

Politik – Schaffung des rechtlichen Rahmens

Kliniken/ psychiatrische Einrichtungen

Mitarbeitende

Quellen

Mayrhofer, H. (2014): Modelle unterstützter Entscheidungsfindung Beispiele guter Praxis aus Kanada und Schweden, IRKS Working Paper 16

Gooding, P. et al. (2018) Alternatives to Coercion in Mental Health Settings: A Literature Review, Melbourne: Melbourne Social Equity Institute, University of Melbourne.

Therapeutische Beziehung

(therapeutic relationship/ therapeutic alliance)

Beschreibung

Die würdevolle Beziehung zwischen Nutzer*innen und Mitarbeitenden, beeinflusst die Wahrnehmung von Zwang durch Nutzer*innen und Mitarbeitende: Die Verbesserung der Beziehung durch Gespräche, gegenseitigen Respekt und Supervision kann die Anwendung von Zwang verhindern.

Wirkweise

Eine gute Beziehung vermindert den Einsatz von Zwang. Handlungsweisen, die die Beziehung verbessern, können demnach den Einsatz von Zwang reduzieren.

Adressat*innen

Mitarbeitende

Nutzer*innen

Evidenznachweise

Krankenhauseinweisungen (auch freiwillige) wurden eher als Zwang empfunden, wenn die Beziehung zu den Therapeut*innen als negativ eingeschätzt wurde.

Quellen

Sheehan, K.A., et al. (2011) Perceived Coercion and the Therapeutic Relationship: A Neglected Association?

Cookson, A. et al. (2012) Relationship between aggression, interpersonal style, and therapeutic alliance during short-term psychiatric hospitalization. International Journal of Mental Health Nursing

Gewaltfreie Kommunikation

Beschreibung

Abkehr vom Strafgedanken und Hinwendung zum Schutzgedanken:

In den Gesprächen zwischen Mitarbeitenden und Nutzer*innen geht es darum, die gegenseitigen Bedürfnisse zu formulieren und anzuerkennen, sowie gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Es existieren klar formulierte Regeln und Verbote und als letzte Konsequenz auch die Möglichkeit des Behandlungsabbruchs.

Wirkweise

Die Bedarfe der Nutzer*innen und des Mitarbeitenden werden besser verstanden und es kann dementsprechend besser auf sie eingegangen werden.

Adressat*innen

Mitarbeitende

Nutzer*innen

Evidenznachweise

Ein Rückgang der Konflikte in den Züricher Polikliniken, die dieses Konzept umsetzten.

Quellen

Binggeli (2009) Nun werden wir nicht länger wie Kinder behandelt – Wie die Zürcher Polikliniken Sanktionen abschafften und die gewaltfreie Kommunikation einführten, Schwerpunkt – Soziale Arbeit im Suchtbereich

Psychiatrische Notfall-Teams

(psychiatric emergency response teams)

Beschreibung

Spezialisierte Teams in Krankenhäusern, die besonders darin geschult sind, mit Krisensituationen von Menschen so umzugehen, dass Zwangsmaßnahmen verhindert werden. Hierbei werden insbesondere verbale Deeskalationstechniken angewandt.  

Wirkweise

Erfahrene, speziell geschulte Mitarbeitende sind eher in der Lage, die Anwendung von Zwang in Krisensituationen zu vermeiden.

Adressat*innen

Leitung – muss die nötigen Mittel für Bereitstellung eines solchen Teams in den Einrichtungen bereitstellen

Mitarbeitende

Quellen

Gaskin, C.J. et al. (2007) Interventions for reducing the use of seclusion in psychiatric facilities. Review of the literature. British Journal of Psychiatry

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